Einleitung

Die transarterielle periartikuläre Embolisation (TAPE) ist ein minimalinvasives Verfahren zur Behandlung chronischer Gelenkschmerzen, insbesondere bei leichter bis moderater Arthrose und Synovitis, sowie auch bei Tendinopathien und chronischen Schmerzen nach Prothesenimplantation. Sie stellt eine Option für Patienten dar, bei denen konservative Therapieansätze ausgeschöpft sind, aber eine Operation (noch) nicht indiziert, nicht gewünscht, oder nicht möglich ist.


Indikationen

Typische Indikationen für die Gelenkembolisation sind:

  • Chronische therapieresistente Schmerzen bei leichter bis moderater Arthrose (v. a. Knie, Schulter)
  • Chronische Synovitis mit Hypervaskularisation
  • Therapieresistente Tendinopathien und Enthesiopathien mit Neovaskularisation (z. B. Plantarfasziitis, Tennisarm)
  • Postoperative oder posttraumatische persistierende Gelenkschmerzen
  • Chronische Schmerzen nach Endoprothesenimplantation ohne mechanische Ursache
  • Wunsch nach Verzögerung oder Vermeidung einer Operation

 


Wirkmechanismus

Die Wirkung der TAPE beruht auf dem gezielten Verschluss krankhaft veränderter Gefäße. Diese pathologisch veränderten synovialen oder periartikulären Gefäße sind meist Bestandteil eines chronisch-entzündlichen Schmerzgeschehens (sog. entzündlicher Neovaskularisation), bei dem sowohl Entzündungszellen, als auch schmerzleitende Nervenfasern eine Rolle spielen. Die Embolisation dieser Gefäße führt damit zu einer gezielten Unterbrechung mehrerer pathophysiologischer Kreisläufe:

  • Reduktion der Entzündungsreaktion: Die Versorgung der hypertrophen Synovialis mit Blut, Entzündungszellen und proinflammatorischen Mediatoren (z. B. Zytokine, Prostaglandine) wird unterbunden. Dies führt zu einer Abnahme von Gelenkentzündung und -erguss.
  • Ausschaltung nozizeptiver Neovaskularisation: Neugebildete Gefäße enthalten häufig auch schmerzleitende Nervenendigungen (Nozizeptoren). Diese werden durch die Embolisation mitverödet, was die Schmerzperzeption reduziert.
  • Reduktion von Ödemen und Ergüssen: Die vermehrte Gefäßdurchlässigkeit („leaky vessels“) in neovaskularisierten Arealen trägt zur Gelenkschwellung bei. Die Embolisation vermindert diesen Effekt.

Die Wirkung tritt meist innerhalb weniger Tage bis Wochen ein. Manche Patienten beschreiben eine Linderung ihrer Beschwerden bereit kurz nach dem Eingriff. Die Behandlung zielt nicht auf eine vollständige Unterbindung der Gelenkversorgung, sondern auf eine selektive Reduktion der pathologischen Perfusion. Normale Gefäße bleiben in der Regel erhalten. Die Wirkung kann Monate bis Jahre anhalten.


Kontraindikationen

Absolute Kontraindikationen:

  • Akute Infektion (lokal/systemisch)
  • Allergie gegen Kontrastmittel oder Embolisate
  • Schwere periphere arterielle Verschlusskrankheit (abhängig von der behandelten Region)
  • Nicht kontrollierte Gerinnungsstörung
  • Schwangerschaft

Relative Kontraindikationen:

  • Endstadien der Arthrose (fehlende Therapieoption)
  • Unklare Schmerzursache ohne vaskuläre Komponente
  • Anatomisch schwieriger Gefäßzugang
  • Voroperationen mit veränderter Gefäßanatomie

Risiken und Nebenwirkungen

Die TAPE gilt insgesamt als risikoarmes Verfahren, das in der Regel mit kurzem stationären Aufenthalt durchgeführt wird. Mögliche Komplikationen sind:

  • Lokale Schmerzen oder Schwellung: Während des Eingriffs oder in den ersten Tagen danach kommt es häufig zu einem lokalen Reizzustand, der in der Regel selbstlimitierend ist. Kühlung und leichte Schmerzmittel sind meist ausreichend.
  • Hautveränderungen (Rötung, Marmorierung der Haut): Diese treten gelegentlich auf, wenn kutane Gefäße ungewollt mitembolisiert werden. Aufgrund der temporären Reduktion der Durchblutung sind diese Veränderungen in der Regel rasch reversibel.
  • Parästhesien oder Sensibilitätsstörungen: Können auftreten, wenn sensible Nervenfasern im Bereich der Embolisation mitbetroffen sind. Auch diese Symptome sind in den meisten Fällen reversibel.
  • Infektionen: Sehr selten, können im Bereich des Kathetereinstichs oder intraartikulär auftreten. Aseptisches Arbeiten und ggf. antimikrobielle Prophylaxe minimieren dieses Risiko.
  • Gefäßspasmen oder Ischämien: Treten aufgrund der superselektiven Technik mit Mikrokathetern praktisch nicht auf bzw sind rasch reversibel.
  • Allergische Reaktionen auf Kontrastmittel: In Einzelfällen möglich, insbesondere bei vorbestehender Allergie. Eine präinterventionelle Anamnese und ggf. medikamentöse Abschirmung sind obligat.

Die Rate schwerwiegender Komplikationen ist in der Literatur sehr niedrig. Eine umfassende Aufklärung und sorgfältige Patientenauswahl sind jedoch essenziell.


Durchführung und Technik

Die TAPE erfolgt üblicherweise angiographisch gezielt durch interventionelle Radiolog:innen:

  1. Zugang über die Arteria femoralis oder radialis
  2. Superselektive Katheterisierung der Gelenk- oder synovialversorgenden Arterien
  3. Darstellung der pathologischen Gefäße („Blushing“) mittels Kontrastmittel
  4. Embolisation mit resorbierbaren Partikeln (z. B. 100-300 µm) oder dem Antibiotikum Imipenem/Cilastatin
  5. Abschlussangiographie zur Kontrolle

Dauer: ca. 60–90 Minuten, in Lokalanästhesie mit leichter Sedierung.


Organisatorischer Ablauf

Der Patient wird mit klinischem Brief und Bildern auf Datenträger aus der Ordination eines zuweisenden Orthopäden oder einer orthopädischen Ambulanz in die Gefäßpraxis geschickt. Dort erfolgt die Abklärung der technischen Voraussetzungen und Kontraindikationen, sowie das Aufklärungsgespräch. Gegebenenfalls wird noch weitere Bildgebung und Labor angeordnet sowie eine evtl. notwendige Anpassung einer Antikoagulation vorgenommen und ein Termin für die stationäre Aufnahme festgelegt.

Der Patient wird typischerweise einen Tag vor dem Eingriff aufgenommen und dort die Unterlagen geprüft und ggf. ausständige Untersuchungen ergänzt. Der Eingriff selbst dauert etwa eine Stunde, danach besteht je nach Zugangsweg (femoral oder radial) Bettruhe. Am ersten postinterventionellen Tag erfolgt eine Kontrolle der Zugangsstelle und kann der Patient normalerweise wieder entlassen werden.Die erste Kontrolle erfolgt in der Praxis für Interventionelle Radiologie, anschließend wird der Patient an den zuweisenden Orthopäden rücküberwiesen.

 


Kontakt

Wir stehen für fachlichen Austausch oder Klärung organisatorischer Fragen sehr gerne telefonisch oder per email zur Verfügung.


Diese Information richtet sich an zuweisende Ärzt:innen. Für Patient:innen haben wir eine eigene Informationsseite eingerichtet.


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